Kanada ist ein Einwanderungsland. Große Einwanderergruppen kamen in der Vergangenheit aus dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Italien, Deutschland, den Niederlanden, Ungarn, der Ukraine, Polen, Kroatien, Serbien und aus den USA.

Die deutsche Siedlungstätigkeit in Kanada kann auf folgende drei Hauptgebiete unterteilt werden: den Osten (die Atlantischen Provinzen), die Mitte (Ontario und Québec), und den Westen (die Prärie-Provinzen und Britisch-Kolumbien). Die Mitte und der Osten wurden überwiegend von Siedlern aus dem Deutschen Reich besiedelt, sowie durch Siedler die zuerst in den britischen Kolonien oder den Vereinigten Staaten siedelten. Im Westen fanden vorwiegend deutsche Bauern aus Südost- und Osteuropa (einschl. Rußland) eine neue Heimat. Die meisten waren Katholiken, Lutheraner oder Reformierte, darunter Mennoniten und Anabaptisten, aber auch Adventisten, Juden und andere.

Bereits 1711 nahmen deutsche Söldner an militärischen Auseinandersetzungen zwischen den englischen und französischen Kolonialmächten Nordamerikas auf beiden Seiten teil. Vor den Festungsmauern von Louisbourg auf der Kap-Breton-Insel in Neu-Schottland entstand 1745 die erste deutsche Siedlung namens Waldbourg. Es war eine Siedlung vorwiegend von Militärangehörigen und deren Familien, die an der Belagerung und Einnahme der französischen Besitzung Louisbourg teilgenommen hatten; wenige Jahre später wurde sie aufgegeben.

Mit der Ankunft von 2.000 Einwanderern aus dem Deutschen Reich, der Schweiz und Frankreich (Protestanten) entstanden 1750 in Lunenburg und Halifax, Neu-Schottland, die ersten ständigen Siedlungen. In den nächsten 35 Jahren kamen viele Siedler hinzu, einschließlich hessischer Söldner, die nach dem Ruhestand Land in Nordamerika erhielten und lieber weiter der britischen Krone dienten als den unabhängig gewordenen Vereinigten Staaten. Mit der Zeit wurden sie bzw. ihre Nachkommen assimiliert, wiewohl zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch in Lunenburg County deutsch gesprochen wurde und sich bis heute anglizisierte deutsche Familiennamen in Neu-Schottland erhalten haben.

Deutschstämmige britische Loyalisten aus den neugebildeten Vereinigten Staaten und altgediente deutsche Soldaten blieben in Nordamerika und siedelten nach der Amerikanischen Revolution im Tal des St. Lorenz Stroms, sowie in den östlichen Vororten Québecs. Sie lebten sich sehr schnell ein und änderten häufig ihren Namen und die Religionszugehörigkeit. Bereits 1784 begann die Ansiedlung dieser Gruppen in Ontario. Jedoch erfolgte die größte Einwanderungswelle in diese Provinz 1796 durch Mennoniten aus Pennsylvanien, weil das urbare Land dort bereits durch Glaubensbrüder besetzt war. Zuerst ließen sie sich in der Gegend der Niagara-Fälle nieder und breiteten sich später nach Westen in die Umgebung von Waterloo aus. Die Besiedelung von Toronto, damals York genannt, wurde von einer kleinen Gruppe Deutscher, die über den Staat New York kamen, initiiert.

Etwa bis 1820 kamen die deutschen Siedler Mittel-Kanadas überwiegend auf dem Umweg über die Vereinigten Staaten. Nach den Napoleonischen Kriegen erreichte Nordamerika eine erneute Einwanderungswelle aus Europa. Nach wie vor waren die Vereinigten Staaten für die Meisten das Ziel, aber viele andere z. B. Bauern, Handwerker und Kaufleute fanden in Ontario eine neue Heimat. Überwiegend siedelten sie in denselben Gebieten, wie die Mennoniten vor ihnen. Viele Deutsche, insbesondere in dem Gebiet um Waterloo, bewahrten weitgehend ihre ethnische Identität und vereinzelt auch ihre Sprache.

Wiederum waren die ersten Deutschen, die West-Kanada betraten, Soldaten, die im Dienste der Briten 1817 halfen, den Frieden am Roten Fluß (Red River) aufrechtzuerhalten. 1821 fand durch 200 Schweizer und Elsässer ein weiterer Versuch der Besiedelung mit ethnischen Deutschen statt. Aber 1849 gab es nur noch zwei dieser Familien, während die anderen in die Vereinigten Staaten abwanderten, wo sie zum Betreiben von Landwirtschaft bessere Bedingungen vorfanden.

Die größte deutsche Einwanderungswelle nach Kanada erfolgte nicht aus dem Deutschen Reich oder aus den Vereinigten Staaten, sondern aus Südost- und Osteuropa, nämlich aus Österreich-Ungarn und Rußland. Sie begann 1874 mit der Ankunft von 7.000 deutschen Mennoniten aus Südrußland. Viele der Versprechungen des Zaren, wie Religionsfreiheit einschließlich der Befreiung vom Militärdienst, wurden nicht eingehalten und lösten die Massenauswanderung aus. Das kanadische Landzuteilungs-Gesetz von 1872, nach dem 65 Hektar Land nur $10 kosteten, zog Hunderttausende von Europäern zur Ansiedlung in der kanadischen Prärie an. Die Mennoniten nahmen diese Vergünstigungen in Anspruch und erwarben sich zuerst zwei große Landstreifen. Beide lagen südlich von Winnipeg, einer südlich des Roten Flusses (Red River) um Steinbach und der andere westlich davon um Gretna und Altona herum.

Auf dem Fuße folgten ihnen in großer Zahl Deutsche lutherischen Glaubens. Zunächst arbeiteten viele Ende der 1880er Jahre für die dort ansässigen Mennoniten, bevor sie eigenes Land von anderen Siedlern erwarben, die Schwierigkeiten bei der Urbarmachung hatten. Diese Deutschen stammten aus dem Schwarzmeer-Gebiet, dem Wolga-Gebiet, aus Wolhynien, Galizien, Mittelpolen, der Bukowina, dem Banat, der Batschka und aus Siebenbürgen. Eine geringere Zahl kam direkt aus dem Deutschen Reich, aus den Vereinigten Staaten und Ontario. So blühten im Westen Hunderte von deutschen Dörfern auf wie: Neu Elsass, Strassburg, Langenburg, Josephsthal, Landshut, Neudorf, Waldersee, Friedensthal, Bruederheim usw. 1911 waren allein in der Provinz Saskatchewan 14 % der Gesamtbevölkerung deutsch.

Die Zuwanderung von Deutschen aus Südost- und Osteuropa setzte sich auch im 20. Jahrhundert fort, während Deutschen aus dem Reich zwischen 1914 und 1923 die Einwanderung nach Kanada verwehrt wurde. Zwischen 1919 und 1939 wanderten rund 90.000 Deutsche in Kanada ein, von denen über die Hälfte aus Südost- und Osteuropa stammten und zu 70 % Bauern waren. Der Zweite Weltkrieg unterbrach den Zustrom.

Nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1950er und 1960er Jahren kamen Deutsche, Österreicher und Schweizer in großen Einwanderungswellen nach Kanada. Viele von ihnen blieben nicht in Kanada, aber doch die Mehrheit. Nach der englischen und französischen ist die deutsche die drittgrößte ethnische Gruppe in Kanada. Da sie - wie auch allgemein - sehr integrativ ist, tritt sie kaum zutage.

Von den etwa sechs Millionen deutschen Auswanderern der Jahre 1820 bis 1914 gingen nur 1,3 % nach Kanada, von den 605.000 der Jahre 1919 bis 1933 gingen 5 %, von den 1,2 Millionen der Jahre 1950 bis 1969 bereits 25 % dorthin. 1991 gaben fast 2,8 Millionen Kanadier an, deutscher Herkunft zu sein, davon ein Drittel ausschließlich.


Quellen:

1. Publicover , Jennifer und Frank, Jerry (1999): "Deutsch in Kanada": URL: http://www.genealogienetz.de/reg/WELT/canada-d.html [Stand: 09.05.2012]